Zeit zum Nachdenken
Und das ist nicht nur reine Schikane. Immerhin soll eine Ehe ja grundsätzlich für ein ganzes Leben angelegt sein oder zumindest eine deutlich verbindlichere Vereinbarung als eine beliebige flüchtige Liebschaft sein. Das Trennungsjahr soll also auch sicherstellen, dass niemand die Entscheidung zur Beendigung seiner Ehe leichtfertig trifft und dass die Ehe auch wirklich gescheitert ist. Während des Trennungsjahrs geht der Gesetzgeber davon aus, dass eine Versöhnung und der Wunsch zur Fortsetzung der Ehe noch möglich sind. Die Eheleute müssen also erst das Gegenteil beweisen, wenn es ihnen mit der Scheidung wirklich ernst ist. In dieser Zeit hat beispielsweise auch jeder Partner das Recht, in der gemeinsamen ehelichen Wohnung weiter zu wohnen.
Dabei spielt es keine Rolle, ob man aufeinander Frust schiebt und längst mit einer neuen Liebe durch die Weltgeschichte schlendert. Solche Dinge spielen – zumindest im Hinblick auf das Trennungsjahr - keine Rolle; das hat das OLG Köln erst kürzlich in einem Urteil deutlich gemacht (Az: 4 UF 182/12).
Gemeinsame Haushaltsführung entscheidet
Entscheidend für das Trennungsjahr ist die gemeinsame Haushaltsführung. Nur wenn die nicht mehr stattfindet, ist eine Scheidung nach Ablauf des Trennungsjahrs auch möglich. Stichwort ist hier die so genannte „Trennung von Tisch und Bett“. Dabei kann man es sich durchaus leisten, das eine oder andere Experiment zu wagen, wenn die Gefühle zueinander doch mal wieder aufflackern: Denn eine kurzzeitige oder an Bedingungen geknüpfte gescheiterte Versöhnung führt in der Regel nicht wieder zum Neubeginn des Trennungsjahrs.
Gut zu wissen: Mit dem Scheidungsantrag muss man nicht bis zum Ablauf des Trennungsjahrs warten. Der Scheidungsantrag kann auch schon vorher gestellt werden. Allerdings kann der konkrete Scheidungstermin zeitlich erst nach dem Trennungsjahr liegen. Übrigens: Wenn Ihr Partner nicht gerade begeistert von Ihrem Scheidungsvorhaben ist, ist das nicht unbedingt ein Grund zur Sorge. Sie müssen dann nur beweisen, dass ihre Ehe zerrüttet ist. Sollten Sie das nicht können, kann es allerdings im schlimmsten Fall bis zu drei Jahren dauern, bis ihre Ehe endgültig beendet werden kann.
Ausnahme: Scheidung in Härtefällen
Ohne eine Wartezeit von mindestens einem Jahr geht es nur in einem Fall ab: Wenn die Fortführung der Ehe für einen Partner eine „unzumutbare Härte“ darstellt. Die Gründe für die unzumutbare Härte müssen in der Person des Partners und in seinem Verhalten liegen. Ein paar böse Worte und etwas zerschmettertes Porzellan reichen hier aber nicht aus.
Es geht um Fälle, in denen die Aufrechterhaltung der Ehe bei einem Partner zu körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen führen könnte. Dazu gehören häufige Misshandlungen, schwere Beleidigungen, Alkoholsucht, eine Anstellung als Prostituierte und die Täuschung über Vorstrafen bzw. eine kriminelle Vergangenheit. Auch eine Affäre, die sich in der ehemaligen Ehelichen Wohnung abspielt, kann mitunter eine Härtefallscheidung begründen. Diese Entscheidung liegt aber in der Verantwortung der Gerichte und hängt vom Einzelfall ab.
Leider dauert das Gerichtsverfahren zur Feststellung der unzumutbaren Härte oft lange. So spart man nicht mehr viel Zeit gegenüber dem regulären Trennungsjahr.
Glücklicherweise gibt es auch andere Möglichkeiten (Auszug, einstweilige Anordnung, etc.) um sich beispielsweise einem prügelnden Gatten zu entziehen. Der rechtliche Status ist hier also nicht entscheidend, auch wenn es natürlich alles andere als schön ist, mit einem gewalttätigen oder betrügerischen Partner noch offiziell verheiratet zu sein.