Zuerst tut sie so, als gäbe es gar keine Trennung. Dabei sind Sie längst ausgezogen. Dann macht sie wochenlang auf depressiv, isst nicht richtig und ist dauernd krank. Alle möglichen Leute mussten Sie aktivieren, damit die sich um dieses Häufchen Elend kümmern. Schließlich wollen Sie diesem Menschen ja gar nichts Böses. Nur eben keine Partnerschaft mehr. Und was passiert nun? Aus heiterem Himmel? Ganz plötzlich und voll unverschämt? Ein Brief vom Anwalt mit Drohungen. Das Konto leergeräumt von gestern auf heute. Die alte Kanne von Mutti in Scherben auf der Terrasse. Mit Edding "Scheiße" auf dem Kinderspiegel im Bad. - Okay.
Wenn Krieg gewollt ist, das können Sie auch! Nach so vielen Wochen Fürsorglichkeit und Verständnis nun solcher Undank! Das werden Sie heimzahlen. Klingt richtig. Das andere ist aber auch richtig.
Dummerweise gibt es da nämlich einen Abfolge von Phasen, die bei jeder Trennung durchlaufen werden. Während Sie schon in Phase 4 oder 5 sind, startet der andere gerade in 1: Unglauben und Verleugnung. Dann kommt die 2: Abrutschen in emotionale und körperliche Depression. Diese Phase ist gefährlich für die Person selbst, da kann man stecken bleiben. Viele Trennungskinder bleiben übrigens hier stecken, wenn die Eltern ihnen keine neue Sicherheit geben können. Schon besser, aber auf andere Weise gefährlich ist Phase 3: Aggression und Wut gegen sich selbst und gegen den, der für die Trennung verantwortlich ist. Besser ist diese Phase, weil endlich wieder Aktivität in den Menschen zurückkehrt.
Gefährlich ist es, weil der andere beim Angriff ganz logisch seine Langmütigkeit und Freundlichkeit verliert, denn seine Enttäuschung über das Verhalten ist umso größer, je bemühter er oder sie zuvor waren, die Trennung möglichst schmerzfrei für den Partner zu gestalten. Natürlich ist diese Enttäuschung Unsinn: Wegen eines psychologischen Gesetzes braucht man nicht enttäuscht zu sein. Aber verständlich ist die Enttäuschung allemal. Phase 4 ist dann die Phase des Loslassens und des Verzeihens - sich und dem Anderen. In Phase 5 setzt neues Interesse für das zukünftige Leben ein und in Phase 6 stabilisieren sich Emotionen und Körper wieder. Dann kann ein neues Leben beginnen oder auch das alte Leben in einer neuen Form: Das Wiederaufleben der Partnerschaft auf stabilerer bedürfnisbefriedigender Grundlage. Immer vorausgesetzt, Phase 3 wird schadlos überstanden.
Mediation kann dabei helfen. Die Hauptverantwortung für das Überstehen von Phase 3 aber liegt - so ärgerlich das ist! - bei dem von beiden, der schon weiter fortgeschritten ist durch die Phasen der Trennung.