Wechselmodell, Kindergeld und Steuern

Wie wirkt sich das Wechselmodell auf den Unterhalt und die Steuerklasse aus?

Das Wechselmodell, bei dem Sie sich mit dem anderen Elternteil Ihres Kindes in der Betreuung fortlaufend abwechseln, hat im Gesetz bislang so gut wie noch keine Berücksichtigung gefunden. Üben Sie ein echtes Wechselmodell aus, müssen Sie klären, wie Sie mit Kindergeld, Kinderfreibetrag und Kindesunterhalt umgehen und wer die Steuerklasse II erhält. Lediglich wenn es um Sozialleistungen wie Wohnkosten geht, findet das Wechselmodell Berücksichtigung. Wir erklären in 10 Punkten, was für Sie wichtig sein könnte.

Das Wichtigste

  • Beim echten Wechselmodell wechseln sich Elternteile zeitlich und organisatorisch gleichermaßen in der Betreuung des Kindes ab.
  • Wird das echte Wechselmodell praktiziert, gibt es keinen allein betreuenden Elternteil. Die Elternteile sind im Verhältnis ihrer Einkommen anteilig zum Barunterhalt verpflichtet.
  • Betreut ein Elternteil das Kind 10 % weniger als die Hälfte, fehlt es an einem echten Wechselmodell. Dieser Elternteil bleibt dann in vollem Umfang barunterhaltspflichtig.
  • Unterhaltsvorschuss wird beim echten Wechselmodell nicht gewährt.
  • Kindergeld und Kinderfreibetrag werden unter den Eltern aufgeteilt.
  • Derjenige Elternteil, bei dem das Kind mit seinem Hauptwohnsitz gemeldet ist, hat vorrangig Anspruch auf die steuervergünstigte Steuerklasse II.
  • Beziehen Sie Wohngeld, wird das Kind beim echten Wechselmodell bei jedem Elternteil als Haushaltsmitglied berücksichtigt.
  • Beim echten Wechselmodell haben Sie Anspruch auf die Hälfte des Mehrbedarfs für Alleinerziehende nach SGB II.

Wann sprechen wir von einem Wechselmodell?

Nach der Trennung und Scheidung muss ein Kind betreut werden. Weit über 90 % der Väter und Mütter entscheiden sich nach ihrer Trennung für das Residenzmodell. Dann teilen sich die Eltern zwar das Sorgerecht, das Kind lebt aber vorwiegend bei einem Elternteil. Sehen sich die Eltern aber in der Lage, die Betreuung des Kindes abwechselnd zu organisieren und sind beide gleichermaßen bereit, Verantwortung für das Kind zu übernehmen, kommt das Wechselmodell ins Spiel.

Beim Wechselmodell wohnt und lebt das Kind abwechselnd bei einem der Elternteile. Im Idealfall kommt es zu einer 50 : 50 Lösung im sieben- oder 14-Tage-Rhythmus. Nur dann, wenn die Eltern das Kind zeitlich und organisatorisch gleichermaßen betreuen, liegt ein echtes (paritätisches) Wechselmodell vor. Die Grenze liegt etwa bei einer Abweichung von 10 % von einer hälftigen Aufteilung.

Beim Wechselmodell wird das Kind abwechselnd von beiden Elternteilen betreut.

Beim Wechselmodell wird das Kind abwechselnd von beiden Elternteilen betreut.

Die Frage ist insoweit wichtig, als sich die Betreuungsleistung auf den Kindesunterhalt auswirkt. Liegt nur ein unechtes Wechselmodell vor, verbleibt es bei der üblichen Berechnung des Unterhalts desjenigen Elternteils, der das Kind weniger betreut. Betreut ein Vater seine Kinder zu 36 %, schuldet er gleichwohl den vollen Barunterhalt, da er nicht den gleichen Betreuungsanteil hat wie der andere Elternteil (BGH, Az. XII ZR 161/04). Wird das Kind nur zu einem Drittel vom barunterhaltspflichtigen Elternteil betreut (BGH FamRZ 2006, 1015) oder wird es regelmäßig an fünf von 14 Tagen sowie der Hälfte der Schulferien betreut (BGH FamRZ 2007, 707) fehlt es gleichfalls an der paritätischen Betreuung.

Wo ist der Wohnsitz des Kindes?

Für viele gesetzliche und steuerliche Fragen kommt es auf den Wohnsitz des Kindes an. Ihr Kind kann immer nur einen Wohnsitz haben. Der Wohnsitz ist dort, wo es bei der Gemeinde als Einwohner gemeldet ist. Es gibt nach den Meldegesetzen keine zwei gleichberechtigten Hauptwohnsitze. Als Elternteile müssen Sie sich also darauf einigen, welcher Elternteil den Hauptwohnsitz des Kindes anmeldet. Im Regelfall wird der Hauptwohnsitz des Kindes dort sein, wo die eheliche Wohnung war und das Kind derzeit lebt.

Wie wirkt sich das Wechselmodell auf den Kindesunterhalt aus?

Betreuen beide Elternteile das Kind im echten Wechselmodell, kann sich kein Elternteil darauf berufen, dass er seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind durch die Pflege und Erziehungsleistung erfüllt. Den allein betreuenden Elternteil gibt es beim Wechselmodell nicht. Allein die Kinderbetreuung ist kein Grund, von der Barunterhaltspflicht befreit zu werden. Sonst wären beide Elternteile vom Barunterhalt befreit, obwohl sie nur den Betreuungsbedarf des Kindes abdecken. Da beide Elternteile Barunterhalt schulden, müssen sie nach Maßgabe ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse zum Kindesunterhalt beitragen.

Gut zu wissen:

Hält sich ein Kind öfter und länger bei demjenigen Elternteil auf, dem lediglich ein Umgangsrecht zusteht, bleibt es trotzdem dabei, dass auch ein großzügig ausgeübtes Umgangsrecht nicht dazu führt, dass der Unterhaltsanspruch teilweise erfüllt wird. Soweit ein Elternteil durch den überdurchschnittlichen Umgang mehr belastet wird, können die Mehraufwendungen berücksichtigungsfähig sein. Muss der umgangsberechtigte Elternteil zusätzliche Fahrtkosten für Besuche beim Kind aufbringen und Wohnraum für das Kind vorhalten, kommt eine Herabstufung um eine Einkommensgruppe in der Düsseldorfer Tabelle in Betracht (BGH FamRZ 2014, 128).

Habe ich beim Wechselmodell Anspruch auf Unterhaltsvorschuss?

Das Unterhaltsvorschussgesetz knüpft den Anspruch auf Unterhaltsvorschuss daran an, dass das Kind „bei einem seiner Elternteile lebt“. Beim Wechselmodell fehlt es an diesem Merkmal. So hat das Bundesverwaltungsgericht (Urteil v. 11.10.2012 - 5 C 20.11) entschieden, dass Elternteile keinen Anspruch auf Unterhaltsvorschuss haben, wenn das Kind weiterhin auch durch den anderen Elternteil gleichermaßen betreut wird. Grund soll sein, dass der den Unterhaltsvorschuss beantragende Elternteil bei der Pflege und Erziehung des Kindes beim Wechselmodell durch den anderen Elternteil wesentlich entlastet wird.

Wer hat Anspruch auf das Kindergeld beim Wechselmodell?

Haben die Eltern Anspruch auf Kindergeld, steht der auf den Betreuungsunterhalt entfallende Anteil am Kindergeld den Eltern aufgrund ihrer gleichwertigen Betreuungsleistungen jeweils zur Hälfte zu. Jeder Elternteil kann die Hälfte des Kindergeldes beanspruchen (BGH, FamRZ 2016, 1053). Allerdings wird das Kindergeld aus organisatorischen Gründen immer nur einem Elternteil ausgezahlt. Eine Aufteilung und eine geteilte Auszahlung an die Elternteile ist nicht möglich. Empfänger ist derjenige Elternteil, bei dem das Kind überwiegend lebt. Auch beim Wechselmodell hat das Kind eine Hauptmeldeanschrift. Da im Regelfall auch ein Elternteil dort gemeldet ist, wird das Kindergeld an diesen Elternteil ausgezahlt.

Ein Kind ist kein Gefäß, das gefüllt, sondern ein Feuer, das entzündet werden will.

Francois Rabelais

Da das Kindergeld auf den Barunterhalt angerechnet wird, verringert sich der Barunterhalt. Allerdings hat der besserverdienende Elternteil Vorteile, weil er durch das Kindergeld mehr entlastet wird als der andere. Verfügt ein Elternteil nur über Einkünfte unterhalb seines Selbstbehalts und ist deshalb nicht barunterhaltspflichtig, kann er vom anderen dennoch die Hälfte des Kindergelds einfordern. Da die Barunterhaltspflicht der Elternteile sich nach ihren Einkommensverhältnissen bemisst, muss derjenige Elternteil, der den Anteil am Kindergeld einfordert, seinen Anteil am Barunterhalt darlegen und beweisen. Bestenfalls einigen sich die Elternteile auf einen Anteil von jeweils der Hälfte.

Welche Steuerklasse ist beim Wechselmodell maßgebend?

Nach der Trennung steht Ihnen ein Steuerklassenwechsel bevor.

Nach der Trennung steht Ihnen ein Steuerklassenwechsel bevor.

Im Jahr nach Ihrer Trennung müssen Sie Ihre Steuerklasse anpassen. Bestenfalls werden Sie in die Steuerklasse II eingestuft. In die Steuerklasse II gehören Arbeitnehmer, denen ein steuerlicher Kinderfreibetrag oder Kindergeld für ein Kind zusteht. Derzeit gibt es keine Regelung, dass beide Elternteile Steuerklasse II nutzen können. Die Steuerklasse II hat nämlich die steuerliche Entlastung des alleinerziehenden Elternteils zum Ziel. Das Wechselmodell hat in gesetzlicher und steuerlicher Hinsicht bislang noch keine Berücksichtigung gefunden.

Praktizieren Sie das Wechselmodell, müssen Sie untereinander klären, welcher Elternteil in die Steuerklasse II einzuordnen ist und wer die Einordnung in die steuerlich schlechtere Steuerklasse I akzeptieren muss. Treffen Sie keine Vereinbarung, bekommt derjenige Elternteil die Steuerklasse II, der das Kindergeld bezieht. Adressat des Kindergelds ist immer nur ein einziger Elternteil, in der Regel derjenige Elternteil, bei dem das Kind bei der Gemeinde als Einwohner gemeldet ist. Derzeit fehlt eine gesetzliche Regelung, die die Situation beim Wechselmodell berücksichtigt.

Wem steht beim Wechselmodell der Kinderfreibetrag zu?

Der Kinderfreibetrag wird im Gegensatz zum Kindergeld nicht ausgezahlt, sondern ist ein Freibetrag, der vom zu versteuerndem Einkommen abgezogen wird und sich bei der Berechnung der Einkommensteuer steuermindernd auswirkt. Es handelt sich also um eine fiktive Rechengröße. Der Kinderfreibetrag beträgt EUR (Stand: ).

Der Kinderfreibetrag wird auf die Elternteile hälftig aufgeteilt, ohne dass es darauf ankommt, bei wem die Kinder betreut werden. Als Elternteil können Sie sich die Hälfte des anderen Elternteils nicht übertragen lassen. Das Gesetz sieht eine solche Gestaltung nicht vor. Allenfalls derjenige, der das Kind ausschließlich betreut, kann beide Hälften des Freibetrages erhalten, vorausgesetzt, der unterhaltspflichtige Elternteil zahlt keinerlei Unterhalt (Bundesfinanzhof, Az. III R 18/15).

Wie wirkt sich das Wechselmodell bei den Wohnkosten aus?

Ein Wechselmodell funktioniert letztlich nur, wenn das Kind in den Wohnungen beider Elternteile angemessen untergebracht werden kann. Ein größeres Kind wird sich nur begeistern lassen, wenn es sich in ein eigenes Zimmer zurückziehen kann. Da auch Teile des Hausrats doppelt anzuschaffen sind, können sich viele Eltern ein echtes Wechselmodell nicht unbedingt leisten.

Immerhin greift das Wohngeldgesetz die Wohnsituation bei einem Wechselmodell auf und stellt damit eine Ausnahmeregelung dar (§ 5 Abs. IV WohnGG). Beziehen Elternteile Wohngeld, geht es um die Frage, ob ein oder beide Elternteile im Wechselmodell entsprechende Aufwendungen für Unterkunft und Heizung vollständig oder nur anteilig erhalten.

Betreuen Sie Ihr Kind zu annähernd gleichen Teilen, ist jedes Kind bei beiden Elternteilen als Haushaltsmitglied zu berücksichtigen. Gleiches gilt bei einer Aufteilung der Betreuung bis zu einem Verhältnis von mindestens einem Drittel zu zwei Dritteln je Kind. Betreuen die Eltern mindestens zwei Kinder nicht in einem dergestalt vorgegebenen Verhältnis, ist bei dem Elternteil mit dem geringeren Betreuungsanteil nur das jüngste dieser Kinder Haushaltsmitglied.

Die Rechtsprechung stellt insoweit darauf ab, ob ein Elternteil alleinerziehend ist oder ob beide Elternteile das Kind betreuen. Hält sich nämlich ein Kind überwiegend bei einem Elternteil auf, begründen umgangsbedingte höhere Wohnkosten allein keinen zusätzlichen Bedarf des Kindes (Bundessozialgericht, B 4 AS 2/15R). Soweit sich eine Hauptverantwortung nur eines Elternteils für ein Kind nicht feststellen lässt, hat das Kind einen grundsicherungsrechtlich anzuerkennenden Wohnbedarf in den Wohnungen beider Eltern (Bundessozialgericht, Az. B 14 AS 23/18R).

Alleinerziehendenmehrbedarf nach SGB II

Sind Sie alleinerziehend, haben Sie Anspruch auf den Mehrbedarf für Alleinerziehende (§ 21 Abs. II SGB II). Die Leistungen werden zusätzlich zur Regelleistung erbracht. Die Höhe des Mehrbedarfs beträgt mindestens zwölf und höchstens 60 % des maßgeblichen Regelsatzes. Sie haben Anspruch auf die Hälfte des Mehrbedarfs für Alleinerziehende, wenn Sie sich bei der Pflege und Erziehung Ihres gemeinsamen Kindes in größeren, mindestens eine Woche umfassenden Intervallen abwechseln. Hält sich das Kind überwiegend bei einem Elternteil auf, steht diesem Elternteil der Mehrbedarf für Alleinerziehende alleine zu.

Zuschüsse und Hilfen beim Neustart

Schaubild:
Zuschüsse und Hilfen beim Neustart

Temporäre Bedarfsgemeinschaft nach SGB II

Beziehen Sie Hartz IV-Leistungen und wird das Kind überwiegend von dem anderen Elternteil betreut, können Sie beim Jobcenter einen Antrag auf temporäre Bedarfsgemeinschaft stellen. Sie erhalten dann pro Tag, an dem sich das Kind mindestens 12 Stunden in Ihrer Wohnung aufhält, 1/30 des Regelsatzes (§ 7 Abs. III SGB II).

Fazit

Ihre Trennung und Scheidung verändert Ihre Lebenssituation und die Ihres Kindes. Da ein Wechselmodell im Gesetz bislang kaum Niederschlag gefunden hat, gilt es, die gesetzlichen Regelungen so zu interpretieren und zu nutzen, dass beide Elternteile Vorteile vom Wechselmodell haben.

Autor:  Volker Beeden

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