Ein Ehepaar hatte sich getrennt. Die Kinder lebten beim Vater. Dieser hatte sich mit der Mutter auf einen dreistündigen begleiteten Umgang im Monat geeinigt. Der Vater verweigerte jedoch den Umgang und verlangte, die Mutter müsse sich vorher einem Coronatest unterziehen. Er begründete seine Forderung damit, dass die Mutter am Arbeitsplatz zahlreichen Kontakten ausgesetzt sei. Außerdem veranlasste er seine Kinder, der Mutter in Briefen mitzuteilen, dass sie die Mutter nicht sehen möchten, solange diese nicht getestet oder geimpft sei. Als sich die Mutter einem freiwilligen Test unterzogen hatte, verlangte der Vater, dass sie auch geimpft sein müsse. Das Oberlandesgericht Nürnberg wies die Forderung des Vaters nach einem Corona-Test oder einer Impfung zurück und erkannte der Mutter ohne Einschränkung das begleitete Umgangsrecht zu.
Corona-Testpflicht vor Besuchen?
Auch hier stellt das Gericht klar, dass ein Corona-Test nur geboten sei, wenn der umgangsberechtigte Elternteil typische Covid-19-Symptome aufweise oder Kontakt mit einer erkrankten Person gehabt habe. Solange dies nicht der Fall sei, brauche sich der Elternteil auch nicht testen zu lassen. Das Umgangsrecht wiege insoweit schwerer. Hinzu kommt, dass der Elternteil, insbesondere wenn er gleichermaßen sorgeberechtigt ist, mit dem betreuenden Elternteil auf einer Stufe steht und es keinen Grund gibt, ihn oder sie im Hinblick auf den Umgang mit dem Kind hintenanzustellen.
Rücksicht auf die Sicherheit und Gesundheit der Kinder nehmen
Im Mittelpunkt allen Denkens und Handelns von Eltern sollte das Wohl des Kindes stehen. Sie haben eine gegenseitige Wohlverhaltenspflicht. Dies bedeutet, dass ein Elternteil, der das Kind nach der Trennung und Scheidung an den umgangsberechtigten Elternteil herausgeben muss, das Kind aktiv davon überzeugen muss, mit dem Elternteil mitzugehen. Dies gilt auch dann, wenn das Kind selbst nicht vom Umgang überzeugt ist.
Hinzu kommt, dass der betreuende Elternteil meist die engere Verbindung zum Kind und damit den größeren Einfluss auf das Kind ausüben kann. Der Elternteil muss „Recht und Vernunft“ über die eigene eventuelle innere Zerrissenheit stellen. Er oder sie darf sich nicht einfach passiv verhalten und es dem Lauf der Dinge überlassen, ob das Kind am Umgang Interesse zeigt. Vor allem muss der Elternteil es unterlassen, das Kind in seiner Einstellung zum anderen Elternteil zu manipulieren, mit dem Ziel, den Umgang nachdrücklich zu verweigern.
Elternteile sollten die Corona-Problematik nicht dazu benutzen, das Umgangsrecht des umgangsberechtigten Elternteils in Frage zu stellen. Im Interesse der bestmöglichen Entwicklung eines Kindes ist das Umgangsrecht ein hohes Gut, das nicht zwischen den Interessen der oft widerstreitenden Elternteile zerrieben werden darf.