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Haftung wegen Aufsichtspflichtverletzung bei getrennten Eltern

 
 

Kinder bedeuten Verantwortung. Verursacht das Kind einen Schaden, wird der Geschädigte versuchen, vornehmlich die Eltern in die Haftung zu nehmen. Leben Sie getrennt, ist es eine Frage der Aufsichtspflicht, ob Sie für den Schaden haften oder nicht. Haften Sie nicht, kommt auch die Haftung des Kindes in Betracht, wenn es die nötige Einsichtsfähigkeit besitzt. Erfahren Sie in anschaulichen Beispielfällen, wann wer wofür haften muss, und auch für den Fall, wenn ein Schaden an Ihrem eigenen Hab und Gut entsteht.

Szenario – Kind verursacht Unfall mit Rutschauto

Angenommen, Ihr fünf Jahre altes Kind fährt mit dem Ruschfahrzeug auf dem Bürgersteig. Sie sind allein und folgen im Abstand von wenigen Metern dahinter. Unvermittelt lenkt das Kind das Rutschauto auf die Fahrbahn und nötigt einen Autofahrer in den Gegenverkehr auszuweichen. Es kommt zu einem Unfall. Der Autofahrer macht Sie für seinen Schaden verantwortlich und begründet Ihre Verantwortung damit, dass Sie das Kind nicht ausreichend beaufsichtigt hätten.

Hier gibt es nun zwei Abwandlungen:

  1. Sie leben von Ihrem Ex-Partner getrennt und beaufsichtigen Ihr Kind im Rahmen Ihres Umgangsrechts.
  2. Sie holen Ihr Kind zur Ausübung Ihres Umgangsrechts bei Ihrem Ex-Partner ab. Als Sie sich gerade miteinander unterhalten, zerkratzt das Kind mit dem Lenker seines Ruschautos ein parkendes Auto.

Wann haften Eltern für vom Kind verursachte Schäden?

Üben Sie als Elternteile das gemeinsame Sorgerecht aus, sind Sie für Ihr Kind verantwortlich. Ihnen obliegt die Personensorge und die Vermögenssorge. Personensorge bedeutet, dass Sie für die Belange des Kindes in der Verantwortung stehen. Teil dieser Verantwortung ist Ihre Aufsichtspflicht. Aufsicht bedeutet, dass Sie darauf achten müssen, dass das Kind nicht sich selbst oder Dritte beschädigt.

Als sorgeberechtigte Elternteile sind Sie zur Aufsicht über Ihr Kind verpflichtet, soweit es wegen Minderjährigkeit oder wegen seines geistigen oder körperlichen Zustandes der Beaufsichtigung bedarf. Da das Kind im Beispielszenario einen Schaden verursacht hat, ist dem Grundsatz nach eine Schadensersatzpflicht begründet. Dies bedeutet aber noch nicht, dass Sie tatsächlich für den eingetretenen Schaden verantwortlich sind.

Expertentipp: Haftpflichtversicherung abschließen – wer ist geschützt?

Die private Haftpflichtversicherung deckt Schäden ab, die Sie einem Dritten zufügen. In den Versicherungsschutz sind neben Ihrem Ehepartner während der Ehe und Ihrem nicht ehelichen Lebenspartner auch Ihre unverheirateten Kinder, auch Stief-, Adoptiv- oder Pflegekinder, bis zum Ende der Schulausbildung oder der sich unmittelbar anschließenden Berufsausbildung einbezogen (Familien-Haftpflicht).

Wie können Sie Ihre Haftung entkräften?

Ihre Aufsichtspflicht tritt nicht ein, wenn

  • Sie Ihrer Aufsichtspflicht Genüge getan haben oder
  • der Schaden auch bei gehöriger Aufsichtsführung entstanden wäre.

Die Vorschrift bedeutet keine Gefährdungshaftung, sondern eine Haftung für vermutetes Verschulden (sogenannte Exkulpationsmöglichkeit nach § 832 Abs. I S. 2 BGB). Da Ihr Verschulden vermutet wird, haben Sie immer die Möglichkeit, darzulegen und nachzuweisen, dass Sie Ihre Aufsichtspflicht eben nicht verletzt haben oder der Schaden auch dann eingetreten wäre, wenn Sie Ihrer Aufsichtspflicht Genüge getan hätten.

Gut zu wissen: Der Wert von „Eltern-haften-für-ihre-Kinder“-Schildern

Eltern haften nicht schlechthin für ihre Kinder. Schilder mit der Aufschrift „Eltern haften für ihre Kinder“ sind falsch und unbeachtlich. Eltern haften nur, wenn tatsächlich eine nachweisbare Aufsichtspflichtverletzung vorliegt.

Wann haften Eltern nicht für ihre Kinder?

Sie haften also nicht, wenn Sie Ihrer Aufsichtspflicht Genüge getan haben. Welches Maß an Aufsichtspflicht erforderlich ist, lässt sich nicht pauschal bestimmen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (NJW 1968, 1672) bestimmt sich das Maß der gebotenen Aufsicht nach

  • dem Alter,
  • der Eigenart und
  • dem Charakter des Kindes
  • sowie danach, was den Eltern oder einem Elternteil in ihren jeweiligen Verhältnissen zugemutet werden kann.

Entscheidend ist, was verständige Eltern nach vernünftigen Anforderungen (hätten) unternehmen müssen, um die Schädigung Dritter durch ihr Kind zu vermeiden. Insoweit kommt es immer auf die Umstände im Einzelfall an, sowie was Sie und der Geschädigte im Detail vortragen. Im oben genannten Beispiel ließe sich Ihre Aufsichtspflichtverletzung damit entschärfen, dass Sie

  • wenige Meter hinter dem Kind gelaufen sind,
  • das Kind Erfahrung auf dem Rutschauto hat,
  • bislang beständig zuverlässig gefahren ist
  • und Sie keinerlei Anlass hatten, dass das Kind unvermittelt auf die Fahrbahn steuern könnte.

Anders sähe es aus, wenn das Kind zuvor bereits Versuche unternommen hätte, in Richtung Fahrbahn zu steuern und Sie hätten erahnen müssen, dass der nächste Versuch tatsächlich auf der Fahrbahn endet.

Sollte der Geschädigte hingegen Ihre Aufsichtspflichtverletzung überzeugend begründen können, könnten Sie den Verschuldensvorwurf in einem zweiten Schritt trotzdem noch entkräften, wenn der Schaden auch eingetreten wäre, wenn Sie Ihrer Aufsichtspflicht Genüge getan hätten. War es beispielsweise so, dass das Kind nur deshalb vom Bürgersteig in Richtung Fahrbahn steuerte, weil es mit einem Vorderrad durch ein Schlagloch fuhr und das Fahrzeug nicht mehr beherrschen konnte, könnten Sie sich immer noch entlasten.

Praxisbeispiel: Kind legt Feuer oder hat Zugang zu Waffe

In einem Fall des Oberlandesgerichts Schleswig-Holstein (Urteil vom 12.11.1998, Az. 5 U 123/97) wurde die Verletzung der Aufsichtspflicht damit begründet, dass der Vater eine Waffe nicht sicher verwahrte und auch die Munition seines Kleinkalibergewehres offen herumliegen ließ. Das Kind nutzte die Gelegenheit und verursachte einen Schaden. Ähnlich ist es, wenn die Eltern ein siebenjähriges Kind offen mit Silvesterraketen hantieren lassen und ein Schaden verursacht wird.

Wie haftet der umgangsberechtigte Elternteil?

Nehmen Sie Ihr Umgangsrecht in Anspruch, übernehmen Sie auch die Aufsichtspflicht über Ihr Kind. Dies gilt unabhängig davon, ob Sie das Sorgerecht besitzen oder nicht. Entscheidend ist, dass Sie das Kind in Ausübung Ihres Umgangsrechts in Ihre Obhut übernehmen und allein deshalb für das Kind verantwortlich sind. Verursacht das Kind einen Schaden, während Sie das Kind in Ihrer Obhut beaufsichtigen, steht die Verletzung Ihrer Aufsichtspflicht zur Debatte.

Wer haftet, wenn Schaden bei der Kindesübergabe entsteht?

Ereignet sich der Schaden in dem Augenblick, in dem Sie das Kind beim betreuenden Elternteil abholen, könnte es schwierig werden, die Verletzung der Aufsichtspflicht ausschließlich einem bestimmten Elternteil vorzuwerfen. Soweit beide Elternteile Einfluss auf das Geschehen hatten, stünden sie wahrscheinlich beide in der Verantwortung. Wollte ein Elternteil sich entlasten, müsste er/sie nachweisen, dass der andere Elternteil verantwortlich war.

Kind macht unter Aufsichtspflicht von Elternteil A bei B etwas kaputt

Betreuen Sie Ihr Kind und besuchen gemeinsam mit dem Kind den anderen Elternteil, könnte der Elternteil Sie für einen Schaden verantwortlich machen, den das Kind aus Anlass seines Besuches verursacht. In einem ersten Schritt könnte der betreuende Elternteil sein vermutetes Verschulden nach oben beschriebenen Grundsätzen auch entkräften.

Ungeachtet dessen lässt sich auch mit der Vorschrift des § 1359 BGB argumentieren. Danach haben Ehegatten bei der Erfüllung der sich aus dem ehelichen Verhältnis ergebenden Verpflichtungen einander nur für diejenige Sorgfalt einzustehen, die sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen. Die Vorschrift sollte sich auch auf getrenntlebende Ehepartner übertragen lassen.

Besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass das Kind den gleichen oder einen ähnlichen Schaden auch im Haushalt des betreuenden Elternteils angerichtet hätte, wäre es ungerechtfertigt, den nicht betreuenden Elternteil zu bevorzugen und einen Schadensersatzanspruch anzuerkennen. Hinzu kommt, dass auch der insoweit nicht betreuende Elternteil, der den Besuch des Kindes empfängt, eine eigene Aufsichtspflicht hat, eben weil er/sie im Hinblick auf den Besuch des Kindes das Kind in Obhut hat.

Haften Großeltern für vom Enkelkind verursachte Schäden?

Als aufsichtspflichtiger Elternteil brauchen Sie Ihre Aufsicht nicht ständig selbst auszuüben. Sie müssen dann aber dafür sorgen, dass eine ausreichende Beaufsichtigung vorhanden ist. So sollte es kein Problem sein, wenn Sie das Kind zu nahen Verwandten bringen, sofern diese geeignet und willens sind, das Kind zu beaufsichtigen. Beaufsichtigen Großeltern das Kind, kommt eine Aufsichtspflichtverletzung nach der zunächst maßgeblichen Vorschrift des § 832 Abs. I BGB nicht in Betracht, weil Großeltern anders als Eltern nicht „kraft Gesetzes“ zur Aufsicht verpflichtet sind.

Eine Aufsichtspflichtverletzung kann aber auch nach § 832 Abs. II BGB begründet sein, wenn die Großeltern durch „Vertrag“ zur Aufsicht verpflichtet sind. Voraussetzung ist ein rechtsgültiger Vertrag, wie er beispielsweise bei Pflegeeltern oder Kindergärtnerinnen besteht. Eine kurzfristige, bloß tatsächliche Übernahme der Aufsicht durch einen Familienangehörigen fällt aber nicht darunter. Eine stillschweigend geschlossene vertragliche Vereinbarung könnte allenfalls angenommen werden, wenn ein Kind für längere Zeit bei Verwandten zu Besuch weilt.

Wann haften Kinder überhaupt für verursachte Schäden?

Neben den Eltern kommt auch die Haftung des Kindes in Betracht, vor allem dann, wenn den Eltern keine Aufsichtspflichtverletzung nachzuweisen ist. Dazu hat das Gesetz in § 828 BGB folgende Altersstufen normiert:

  • Ein Kind, das das 7. Lebensjahr nicht vollendet hat, ist für einen Schaden, das es einem anderen zufügt, nicht verantwortlich.
  • Wer das 7., aber nicht das 10. Lebensjahr vollendet hat, ist für den Schaden, den er bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug einem anderen zufügt, nicht verantwortlich. Dies gilt nicht, wenn die Verletzung vorsätzlich herbeigeführt wurde. Zerkratzt Ihr 8-jähriges Kind den Autolack Ihres missliebigen Nachbarn, ist es selbst verantwortlich.
  • Wer das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und dessen Verantwortung nicht bereits nach den vorhergehenden Bestimmungen ausgeschlossen ist, ist für den Schaden, den er einem anderen zufügt, nicht verantwortlich, wenn er bei der Begehung der schädigenden Handlung nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hat. Beispiel: Ein 14-Jähriger, der mit dem Auto des Vaters eine Spritztour unternimmt, ist sicherlich verantwortlich, wenn er einen Verkehrsunfall verursacht. Eine Verantwortung kommt eher nicht in Betracht, wenn der 14-Jährige in Unkenntnis der urheberrechtlichen Gegebenheiten einen Film aus dem Internet herunterlädt.

Die Mehrzahl der Streitfälle betrifft die dritte Option. Denn die Haftung von Minderjährigen zwischen 7 Jahren bis zum 18. Lebensjahr richtet sich nach dem Grad der zur Verantwortlichkeit erforderlichen Einsicht. Die Gerichte gehen überwiegend davon aus, dass Kinder ab zwölf Jahren in der Lage sind, ihre Pflichtverstöße als solche wie auch deren mögliche Folgen zu erkennen.

Praxisbeispiel: 12jähriges Kind fährt einfach auf die Fahrbahn

So sollte ein zwölfjähriges Kind die Einsicht besitzen, dass es mit seinem Fahrrad nicht einfach vom Bürgersteig quer auf eine Straße fahren darf, ohne sich vorher zu versichern, dass kein fließender vorfahrtsberechtigter Verkehr besteht. Das Amtsgericht Halle (Beschluss vom 6.6.2011, Az. 104 C 4653/10) hatte das Auffahren vom Fußweg auf die Straße, ohne sich vorher vergewissert zu haben, dass eine Gefährdung ausgeschlossen ist, als einen „Kardinalverstoß“ beurteilt.

 

Gleichfalls entschied das Amtsgericht Detmold (Urteil vom 5.12.1996, Az. 6 C 424/96), dass Eltern ihre Aufsichtspflicht nicht erfüllen, wenn sie ihr Kind im Alter bis acht Jahren ohne eine Aufsicht mit der Möglichkeit sofortigen Einschreitens mit dem Fahrrad am Straßenverkehr teilnehmen lassen.

Wie verhalten Sie sich, wenn Ihr Kind haftet?

Als Elternteil sitzen Sie wahrscheinlich zwischen zwei Stühlen. Einerseits haften Sie nicht, weil Ihnen keine Aufsichtspflichtverletzung nachzuweisen ist. Andererseits müssen Sie damit rechnen, dass Ihr minderjähriges Kind in die Haftung genommen wird. Der Geschädigte wird es darauf anlegen, gerichtlich die Verantwortung des Kindes feststellen zu lassen. Ein gerichtlicher Titel wäre mindestens 30 Jahre lang vollstreckbar, sodass das Kind wegen seiner Volljährigkeit ab dem 18. Lebensjahr aus dem Titel in Anspruch genommen werden könnte.

Möchten Sie vermeiden, dass Ihr Kind mit einer derartigen finanziellen Belastung ins Leben startet, werden Sie sich möglicherweise befleißigt fühlen, den Schaden trotzdem zu bezahlen. Der Schadensausgleich ist auch insoweit empfehlenswert, als der Schadensbetrag verzinst wird und der Betrag zuzüglich Zinsen ungeahnte Höhen erreichen kann.

Alles in allem

Werden Sie als Elternteil wegen einer Aufsichtsverletzung in Anspruch genommen, sollten Sie möglichst nicht nach eigenem Gutdünken argumentieren. Sie können Ihre Haftung nur zuverlässig widerlegen, wenn Sie nach Maßgabe von Gesetz und Rechtsprechung vorgehen. Dann sind Sie auch Ihrem Kind ein Vorbild. Leben Sie voneinander getrennt und es kommt während des Umgangs oder bei der Übergabe des Kindes zu einem Malheur, sollten Sie als Familie trotzdem zusammenstehen und nicht am Schaden des anderen weiden.

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