Wie weit darf man mit Kind vom Ex-Partner wegziehen?

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zuletzt aktualisiert am: 24.07.2025

Nach der Trennung wünscht sich so manche(r) einen Neubeginn in allen Bereichen. Vielleicht sogar einen Wohnortswechsel. Das ist aber gar nicht mal so einfach, insbesondere wenn man gemeinsame Kinder mit der bzw. dem Ex hat. Dann kommt es statt auf die genaue Anzahl der Kilometer darauf an, wer das Sorge- bzw. Aufenthaltsbestimmungsrecht hat und welche Gründe es für den Umzug genau gibt. In jedem Falle sollten Sie zum Wohl des Kindes handeln und ihm weiterhin den Umgang mit dem anderen Elternteil ermöglichen. Für den umgangsberechtigten Elternteil stellt sich die Frage, ob hohe Kosten für die Fahrten zum Kind und eventuelle Übernachtungen unterhaltsrechtlich eine Rolle spielen.

Wie weit darf man wegziehen bei gemeinsamem Sorgerecht?

Es gibt keine pauschalen Vorgaben. Schon gar keine Entfernungsangaben oder irgendwelche räumlichen Grenzen. Die Gerichte haben in einer Vielzahl von Einzelfällen Entscheidungen getroffen, aus denen sich mehr oder weniger konkrete Anhaltspunkte ergeben, wie auch Sie Ihre Situation beurteilen könnten:

 

  • Nach Ihrer Trennung und Scheidung besteht das gemeinsame Sorgerecht für Ihr gemeinsames Kind fort.
  • Daran ändert sich erst dann etwas, wenn Sie vom Familiengericht das alleinige Sorgerecht oder im Streitfall wenigstens das Aufenthaltsbestimmungsrecht zugesprochen bekommen.
  • Teil des Sorgerechts ist das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Beabsichtigen Sie, mit Ihrem Kind in eine andere Stadt umzuziehen, üben Sie das elterliche Recht aus, den Aufenthaltsort Ihres Kindes bestimmen zu dürfen.
  • Möchten Sie mit Ihrem Kind in eine andere Stadt oder gar in ein anderes Land ziehen und streiten sich über das Aufenthaltsbestimmungsrecht, müsste in letzter Konsequenz das Familiengericht entscheiden.
  • Im Regelfall wird das Familiengericht demjenigen Elternteil das Aufenthaltsbestimmungsrecht zur alleinigen Entscheidung übertragen, der das Kind in seiner Obhut hält und betreut.

 

Ziehen Sie von Ihrem bisherigen Wohnort weiter weg, kann der andere Elternteil das Problem haben, dass er das Umgangsrecht nicht mehr in angemessener Art und Weise wahrnehmen kann. Da Sie als der betreuende Elternteil das Aufenthaltsbestimmungsrecht wahrnehmen, steht Ihnen vorrangig die Entscheidung zu, ob und wohin Sie umziehen. Der umgangsberechtigte Elternteil muss diese Entscheidung im Grundsatz akzeptieren. Will er das Umgangsrecht wahrnehmen, muss er sich auf die neuen Gegebenheiten einstellen. Einfach erklärt: In jedem Fall wird individuell geprüft, wie weit der Elternteil mit dem Kind wegziehen darf und wie der Umgang mit dem anderen Elternteil gestaltet wird. 

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Wie weit darf man wegziehen bei alleinigem Sorgerecht bzw. Aufenthaltsbestimmungsrecht?

Sollten Sie es darauf anlegen, mit dem Umzug in eine weit entfernte Stadt oder gar in ein anderes Land das Umgangsrecht des anderen Elternteils vereiteln zu wollen, entsteht schnell der Vorwurf, dass Sie das Aufenthaltsbestimmungsrecht ausnutzen. Der andere Elternteil könnte dann in letzter Konsequenz gerichtlich beantragen, Ihr Aufenthaltsbestimmungsrecht einzuschränken oder in begründeten Fällen sogar zu entziehen. Möchten Sie also weiter wegziehen, sollten Sie dafür gute Gründe haben. Nachvollziehbare Gründe könnten darin bestehen,

  • dass Sie aus beruflichen Gründen Ihren Wohnort wechseln müssen
  • oder wegen der besseren Betreuung des Kindes durch die Großeltern in Ihre Heimatstadt zurückkehren wollen.
  • Auch der Wegzug aus einer Großstadt mit unbezahlbaren Mieten in eine Region mit einer geringeren Mietbelastung könnte einen Grund darstellen, der Ihren Wegzug rechtfertigt.

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Wie weit wegziehen beim Wechselmodell?

Einschränkungen könnten sich auch daraus ergeben, dass Sie in der Betreuung des Kindes ein Wechselmodell praktizieren. Sind Sie daran interessiert, dass die wechselseitige Betreuung funktioniert, sollten Sie berücksichtigen, dass jeder Elternteil darauf angewiesen ist, das Kind beim jeweils anderen Elternteil abzuholen und dorthin vielleicht auch wieder zurückbringen zu müssen. Sind die Entfernungen wegen des Umzugs zu groß, ist ein Wechselmodell zum Scheitern verurteilt.

Beispiele aus der Praxis für Umzüge mit Kind nach Scheidung

Das Leben ist so vielgestaltig, dass es keine pauschalen Vorgaben geben kann. Die Gerichte entscheiden immer im Einzelfall. Wenn Sie eine gerichtliche Entscheidung lesen, sollten Sie immer berücksichtigen, dass die Urteile teils scheinbar widersprüchliche Ergebnisse zeigen. Grund dafür ist, die Elternteile im Einzelfall immer sehr individuelle Aspekte vortragen und wie ein Gericht die Situation beurteilt.

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Umzug in ein anderes Bundesland

Der Wegzug eines Elternteils mit dem gemeinsamen Kind ist nicht zu beanstanden, auch wenn damit für den anderen Elternteil Einschränkungen des Umgangs verbunden sind, sofern beachtenswerte berufliche Gründe den Umzug rechtfertigen (OLG Nürnberg, FamRZ 2010, 135). Gleichfalls übertrug das OLG Frankfurt (FamRZ 2008, 110) der Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht, als diese in ein weiter entferntes Bundesland umziehen wollte, um dort eine ihrer bisherigen Beschäftigung vergleichbare Arbeit anzunehmen.

Erst Grundschule beenden, dann umziehen

Möchten Sie mit Ihrem grundschulpflichtigen alten Kind umziehen, sollten Sie die Einschränkung beachten, dass das Kind wenigstens die vierte Grundschulklasse beenden muss. Negative Folgen eines Umzugs seien nämlich gering zu halten. Insoweit sei es besser, wenn das Kind die Grundschule in seiner gewohnten Umgebung abschließen könne (so OLG Koblenz, Urteil vom 14.11.2018, Az. 13 UF 413 18).

Fehlzeiten in der Schule

Zeigt ein Elternteil, dass er nach einem Umzug nicht fähig ist, den Alltag eines schulpflichtigen Kindes zeitlich zu strukturieren, so dass es zu häufigen Fehlzeiten in der Schule kommt, ist das Kindeswohl beeinträchtigt. Dann kann dem Elternteil das Aufenthaltsbestimmungsrecht entzogen werden (OLG Brandenburg, Beschluss vom 26.9.2016, Az. 10 UF 621/16).

Mit dem Kind zurück ins Heimatland ziehen?

Es entspricht nicht dem Wohl des Kindes, einer Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu übertragen, wenn die Mutter die Übersiedlung in ihre italienische Heimat beabsichtigt und das Umgangsrecht des Vaters aufgrund des bisherigen Verhaltens der Mutter als sicher ausgeschlossen zu beurteilen ist (Verfassungsgerichtshof Berlin FamRZ 2013/ 1232). Nachvollziehbare Gründe fehlen, wenn der Umzug auf keiner ernsthaften und wohlbegründeten Planung beruhe, gefestigte soziale Bindungen am neuen Wohnort in Italien fehlen und der Elternteil offensichtlich das Ziel verfolge, den Umgang mit dem anderen Elternteil zu vereiteln.

Wann ist der Umzug in eine andere Stadt Kindesentführung oder Kindesentziehung?

Besteht das gemeinsame Sorgerecht beider Elternteile nach der Scheidung fort, bedarf der Umzug mit dem Kind der Zustimmung auch des nicht betreuenden Elternteils. Deshalb riskieren Sie, sich wegen Kindesentführung strafbar zu machen, wenn Sie Ihr Kind ins Ausland verbringen oder aus dem Ausland nicht mehr nach Deutschland zurückbringen (§ 235 Abs. II StGB).

 

Soweit mit dem jeweiligen Auslandsstaat ein Rückführungsabkommen besteht, kann der in Deutschland verbliebene Elternteil mit staatlicher Hilfe die Rückführung des Kindes nach Deutschland in die Wege leiten. So haben 85 Staaten das „Haager Übereinkommen zur Rückführung von ins Ausland verbrachter Kinder“ unterzeichnet. Ansprechpartner in Deutschland ist die Zentrale Behörde für internationale Sorgerechtskonflikte beim Bundesamt für Justiz in Bonn.

 

Ziehen Sie hingegen innerhalb von Deutschland um, spricht das Gesetz von Kindesentziehung. Sie riskieren, sich wegen Kindesentziehung strafbar zu machen, wenn Sie Ihr minderjähriges Kind „mit Gewalt, durch Drohung mit einem empfindlichen Übel oder durch List“ dem anderen, gleichfalls sorgeberechtigten Elternteil entziehen (§ 235 Abs. I StGB). Als „Drohung mit einem empfindlichen Übel“ käme in Betracht, dass Sie gegenüber dem Kind behaupten, ihm den Umgang mit dem anderen Elternteil verweigern zu wollen. Da sich bei diesem Tatbestand in der Praxis erhebliche Nachweisprobleme ergeben, spielt die Kindesentziehung innerhalb Deutschlands in der Praxis so gut wie keine Rolle.

Zustimmung zum Umzug – so gelingt es

Allein die Frage, wie weit darf man wegziehen, zeigt, dass das Umgangsrecht des anderen Elternteils ein Problem darstellt. Insoweit kommt es stets darauf an, dass Sie gute Gründe haben, wenn Sie das Aufenthaltsbestimmungsrecht alleine beanspruchen und den anderen Elternteil von einer Mitentscheidung ausschließen wollen. Ihr Ziel sollte sein, den Umzug im gegenseitigen Einvernehmen zu bewerkstelligen.

 

Berücksichtigen Sie stets,

 

  • dass Sie Ihr Kind nicht unbedingt aus seiner gewohnten Umgebung herausreißen sollten,
  • seine sozialen Kontakte möglichst erhalten bleiben,
  • vor allem Geschwister nicht auseinandergerissen werden
  • und der Umzug nicht den Zweck haben darf, das Umgangsrecht mit dem Kind zu vereiteln.

 

Berücksichtigen Sie, dass der Elternteil ein gesetzliches Umgangsrecht mit Ihrem Kind hat. Lassen Sie nicht unberücksichtigt, dass auch Ihr Kind, das schließlich Ihr gemeinsames Kind ist, ein gesetzliches Umgangsrecht mit dem anderen Elternteil hat. Um Ihr Kind nicht noch tiefer in mögliche Konflikte Ihrer Trennung und Scheidung hineinzuziehen, sollten Sie das Umgangsrecht respektieren und alles dafür tun, dass Kind und Elternteil mit Ihrer Entscheidung eines Umzugs leben können.

 

Sollten Sie für einen Umzug in eine weiter entfernte Region oder gar ins Ausland handfeste Gründe benennen können, sollte es im Interesse aller Beteiligten liegen, eine angemessene Regelung zu finden, die allen gerecht wird. Eine solche Regelung könnte darin bestehen, dass der umgangsberechtigte Elternteil ein besonders großzügiges Umgangsrecht erhält. Idealerweise lassen Sie es nicht auf eine gerichtliche Entscheidung ankommen.

Aus einer Beratung von Eltern für Eltern...

Abschließend noch ein Beispiel, anhand dessen man vielleicht die eigene Situation wiedererkennt und die jeweiligen Argumente Revue passieren lassen kann.

 

Ein Vater schildert, dass er sich gemeinsam mit seiner Ex-Partnerin die Betreuung der beiden gemeinsamen Kinder (7 und 11 Jahre) im wöchentlichen Wechsel teilt. Die Kinder sind bislang offiziell bei ihm gemeldet, doch das Haus soll verkauft werden, sodass eine Ummeldung unumgänglich wird. Der Vater plant in den kommenden ein bis zwei Jahren einen Umzug in einen rund 2,5 Autostunden entfernten Kur- und Ferienort. 

 

Die Mutter, die bereits vor zwei Jahren zu ihrem neuen Partner gezogen ist, lehnt den Umzug jedoch ab, selbst wenn die Kinder diesen Schritt befürworten würden. Sie argumentiert, die Entfernung sei zu groß, um das Wechselmodell aufrechtzuerhalten. Da für eine Ummeldung der Kinder in jedem Fall die Zustimmung des jeweils anderen Elternteils erforderlich ist, befindet sich das ehemalige Paar in einer festgefahrenen Situation. 

 

Der Vater fragt sich, wie in einem solchen Fall am besten vorzugehen ist. Folgende Antwort half ihm weiter:

In einer Situation wie Ihrer liegt unser Schwerpunkt eher auf praktischen Empfehlungen. Zwar existieren viele Urteile zum Aufenthaltsbestimmungsrecht, diese beziehen sich jedoch häufig auf Einzelkinder und besondere Einzelfälle. In der Regel lässt sich ein Gerichtsurteil daher nicht direkt auf die eigene Lage übertragen. Im Mittelpunkt steht stets das Kindeswohl – sowohl vor Gericht als auch bei privaten Einigungen.

Sie haben bislang nicht näher erläutert, warum Sie umziehen möchten. Vielleicht gibt es stichhaltige Gründe wie berufliche Veränderungen. Allerdings wird solchen Begründungen von der anderen Seite häufig ein eigennütziger Hintergrund unterstellt, insbesondere wenn die Umzugsinitiative vom betreuenden Elternteil ausgeht. Auch Argumente wie ein besseres Wohnumfeld oder eine höhere Lebensqualität überzeugen in solchen Konflikten meist nur bedingt – vor allem dann, wenn der andere Elternteil selbst in einer stabilen Beziehung lebt.

Wenn Sie den Anlass Ihres Umzugswunsches noch nicht offen mit Ihrer Ex-Partnerin besprochen haben, wäre es ratsam, den Fokus klar auf die Zukunftschancen der Kinder zu legen. Darin liegt oft die größte gemeinsame Basis. So könnten etwa soziale Schwierigkeiten, schulische Probleme oder der Wegzug enger Freunde im bisherigen Umfeld nachvollziehbare Gründe für einen Neuanfang sein. Pädagogisch könnte ein Wechsel zum Ende der Grundschulzeit des älteren Kindes zudem sinnvoll sein, da der Bildungsweg nicht abrupt unterbrochen würde. Ergänzend können Argumente wie eine gesündere Umgebung, Nähe zur Natur oder bessere Sportangebote den Umzugswunsch stützen. Wichtig wäre zudem, großzügige Umgangsregelungen zugunsten der Mutter vorzuschlagen.

Allerdings gilt auch: Wenn keine gewichtigen Gründe vorliegen, die Kinder sich im aktuellen Umfeld wohlfühlen, eine starke Bindung zur Mutter besteht und die Kinder emotional noch instabil sind, sollte der Umzug sorgfältig hinterfragt werden.

Aus einer Beratung von Eltern für Eltern (2025)

Alles in allem

Wahrscheinlich geht es letztlich meist um das Umgangsrecht. Alles, was Elternteile in einer solchen Situation an Argumenten vorbringen, sollte die Interessen des anderen Elternteils angemessen berücksichtigen. Wenn Sie also objektiv verhandeln, sollten Sie eine Regelung finden, mit der alle leben können.