Warum „Künstliche Intelligenz“ den Scheidungsanwalt (nicht) ersetzen wird

Dienstag, 28.03.2023 , geschrieben von iurFRIEND-Redaktion

Fragen Sie sich, ob Ihre anwaltliche Vertretung vor Gericht, z. B. bei einem Scheidungstermin, womöglich in naher Zukunft von „Kollege Roboter“ übernommen wird? Noch ist es nicht so weit, doch Künstliche Intelligenz wird bereits jetzt als äußerst nützliches Hilfsmittel eingesetzt und wird zunehmend eine größere Rolle in Kanzleien und Gerichten spielen. Mit ihren bisher undenkbaren Möglichkeiten der Automatisierung könnte sie gar den gesamten Rechtsmarkt revolutionieren.

Was ist „Künstliche Intelligenz“?

Seit einiger Zeit geistert ein technisch klingendes Wort durch die Medien: „ChatGPT“. Gemeint ist ein sogenannter „Chat-Bot“, das heißt ein Computersystem, mit dem menschliche Benutzer mehr oder weniger vernünftige „Gespräche“ führen können. Programme dieser Art gibt es schon seit Jahrzehnten, bereits in den 60er Jahren erregte „ELIZA“ Aufsehen, indem es einen Psychotherapeuten imitierte.

 

ELIZA arbeitete mit sehr einfachen Tricks, wiederholte z. B. einfach mit anderen Worten den Satz, den der menschliche Gesprächspartner in die Tastatur getippt hatte oder antwortete mit banalen Rückfragen à la „Erzählen Sie mir mehr darüber!“. Obwohl viele Benutzer von der Menschlichkeit ELIZAS überzeugt waren, handelte es sich bei diesem Programm eher um einen Witz, dessen Pointe die verblüffende Leichtgläubigkeit der Versuchspersonen war.

 

Das berühmt-berüchtigte ChatGPT spielt in einer völlig anderen Liga. Es benutzt für die Erzeugung seiner Antworten nicht nur einen riesigen Datenbestand, sondern auch ein „Neuronales Netzwerk“, d. h. eine Technologie, die Funktionen des menschlichen Gehirns nachahmt und in der Lage ist, durch Training zu lernen. Anders als ELIZA verfügt ChatGPT tatsächlich über „künstliche Intelligenz“ (abgekürzt KI) und findet in überraschend vielen Fällen brauchbare Antworten – vorausgesetzt, dass es über entsprechende Daten verfügt.

„Künstliche Intelligenz“ als Anwalt – warum nicht?

Am 10. Januar 2023 titelte „Computer-BILD“: „KI im Gericht: Weltweit erster „Roboter-Anwalt” übernimmt einen Fall“. Eine amerikanische Startup-Firma hatte ein Experiment vor: Sie wollte einem Angeklagten seine Äußerungen vor Gericht durch ChatGPT „soufflieren“ lassen, über ein scheinbares Hörgerät, also einem „Knopf im Ohr“. Wie man vermuten konnte, erwies sich das Experiment allerdings schon im Vorfeld als illegal und konnte deshalb (leider?) nicht stattfinden.

 

Trotzdem stellt sich die Frage: Könnte eine „Künstliche Intelligenz“, wie ChatGPT, in absehbarer Zukunft einen Anwalt ersetzen, vielleicht sogar in einem Scheidungsverfahren?

 

Wir, als langjährige Anbieter von Online-Scheidungen, wissen natürlich, dass Computertechnologie in der Rechtspflege eine nützliche Rolle spielen kann. Was jedoch die Möglichkeiten der neu aufgekommenen KI betrifft, werden gegenwärtig noch einige Punkte diskutiert:

KI ist nur so gut wie die Daten, über die sie verfügt...

Es hat sich herausgestellt, dass ChatGPT und vergleichbare Systeme zwar über viel Wissen über Gesetze verfügen, dabei aber nicht unbedingt auf dem neuesten Stand sind. Kürzlich erfolgte Gesetzesänderungen finden sich vielfach noch nicht in den Datenbanken wieder, so dass von der KI erteilte juristische Auskünfte schlicht veraltet sein können. –Ein Anwalt hingegen ist natürlich verpflichtet, über die aktuelle Gesetzeslage informiert zu sein und kann die entscheidenden Knackpunkte mit den Auswirkungen auf Rechtsprobleme und Rechtsprechung herausarbeiten.

 

Ein weiterer Punkt ist, dass der Anwalt die Gesetzestexte nicht einfach nur kennen muss, er muss auch in der Lage sein, sie auf die Lebenssituation der von ihm vertretenen Personen anzuwenden: die Normen auslegen, im Hinblick auf Systematik, geschichtlichem Hintergrund sowie Sinn und Zweck der Vorschrift interpretieren. Auch die Rechtsprechung ist zu berücksichtigen, dabei müssen z.B. die jeweiligen Fälle miteinander verglichen werden. Hier ist es notwendig, auf eine Beschränkung von ChatGPT und seine „Kollegen“ hinzuweisen: KIs werden mit Texten gefüttert und trainiert und erzeugen auf dieser Grundlage andere Texte, die realen Dinge, auf die sich die Worte beziehen, sind ihnen aber unbekannt.

…KI wird laufend trainiert

Man kann davon ausgehen, dass KI mit wachsenden Datensätzen und stetigem Training immer bessere Antworten liefern und somit für Anwältinnen sowie Anwälten eine entsprechende Vorarbeit leisten wird. In Sekundenschnelle Daten bereitstellen, Schriftsätze abgleichen und entwerfen, Änderungen vornehmen – eine wertvolle Hilfe für die anwaltliche Tätigkeit. Dadurch haben Anwälte mehr Zeit, sich auf die komplexeren Fragen der Verfahren zu konzentrieren und z.B. an der Verfahrensstrategie zu feilen. Kanzleien, die mit ihren digitalen Kollegen umzugehen wissen, werden herkömmlichen Kanzleien daher zeitlich und fachlich voraus sein.

Der Anwalt ist ein Mensch (wie seine Mandanten)…

Gerade in familienrechtlichen Verfahren spielt das Vertrauensverhältnis zwischen dem Anwalt und seinem Mandanten oder seiner Mandantin eine wichtige Rolle. Denn schließlich geht es hier um den privatesten Bereich. Und ein Anwalt muss in Scheidungsverfahren von Fall zu Fall auch mit dem Stress und der Trauer der Beteiligten umgehen können. Eine KI wäre damit heillos überfordert, da sie keine menschlichen Gefühle kennt. „Menschliches Verständnis“ und Empathie ist von ihr nicht zu erhoffen, und das wird sich – trotz der menschenähnlichen und gefühligen Roboter in den Science-Fiction-Filmen – in den nächsten Jahrzehnten auch kaum ändern.

…KI ist objektiv und leistungsstark

Diesen vermeintlichen Nachteil kann man sich in manchen Fällen aber zunutze machen. Nämlich dann, wenn konsequente Objektivität gefragt ist und Emotionen der rationalen Lösung eher im Weg stehen könnten. So könnte künstliche Intelligenz eine gute erste Anlaufstelle sein, um Klarheit in menschlich diffuse Fälle zu bringen. Etwa durch einen Schriftsatzentwurf, der mit der Anweisung generiert wird, einen neutralen, professionellen Ton zu verwenden und sich auf die Fakten zu beschränken. Es ist schlicht nicht möglich, eine KI mit persönlichen Angriffen oder durch einen tragischen Fall aus dem Konzept zu bringen.

 

Ebenso wird KI niemals müde oder frustriert sein, wenn es um repetitive Aufgaben und riesige Datenmengen geht. Sie ist stets einsatzbereit und kann ohne Leistungsabfall Daten treffsicher und blitzschnell durchforsten.

Wo kann KI jetzt schon nützen?

Tatsächlich hat die Digitalisierung die Rechtspflege in vielen Bereichen schon deutlich verändert. Das Schlagwort für diesen Trend lautet „Legal Tech“. Ein Beispiel dafür ist die von iurFRIEND angebotene „Online-Scheidung“, die es Ihnen ermöglicht,

 

  • per Internet für das Verfahren nötige Informationen und Dokumente zu übermitteln,
  • Zeit für Fahrtwege zu sparen sowie
  • Ihre Anwältin oder Ihren Anwalt auf Wunsch über Videotelefonie zu sprechen.

 

KI kann weitere Erleichterungen für alle Beteiligten an einem Scheidungsverfahren mit sich bringen. Viele Detailaufgaben, z. B. die komplizierten Berechnungen bei Unterhaltsfragen aber auch einfachere Dinge wie Recherchen in Schriftverkehren, die zum Großen und Ganzen eines familienrechtlichen Verfahrens gehören, werden sich automatisieren und beschleunigen lassen.

 

iurFRIEND schreitet auf diesem Weg weiter fort und bemüht sich erfolgreich darum, die Bearbeitungsprozesse für seine Kundinnen und Kunden weiter zu verkürzen. „Kollege Roboter“ als Ersatz für Menschen werden Sie bei uns aber nicht begegnen. Wir sind nach wie vor stolz darauf, größten Wert auf Empathie zu legen. – Dennoch machen wir uns viele Gedanken, wie wir Anwälten und Kunden mit Künstlicher Intelligenz das Leben leichter machen:

 

  • Ein KI-gestützter Chat-Bot, der die Fragen eines „Einsteigers“ in das Thema Scheidung oder speziell Online-Scheidung in leichtverständlicher Sprache beantwortet, könnte in absehbarer Zeit unsere Websites sinnvoll ergänzen – auf anderen großen Websites sind Service-Chat-Bots dieser Art bereits in Gebrauch, so z. B. „Fragen Sie Magenta“ auf der Seite der deutschen Telekom.
  • Weitere Möglichkeiten für den Einsatz von KI im Rechtsbereich betreffen u.a. die intelligente Recherche in juristischen Datenbanken oder die Durchführung von Berechnungen – z. B. im Falle des Zugewinnausgleichs – die nicht nach einer einfachen Formel abgewickelt werden können, sondern nur unter Berücksichtigung komplizierter juristischer Gegebenheiten.
  • KI könnte auch die Erfolgschancen einer Mediation steigern, in der eine Einigung über Scheidungsfolgen wie etwa dem Zugewinnausgleich erzielt werden soll: Mit ihrer Hilfe lassen sich konstruktive Vorschläge erarbeiten, die beiden Parteien gerecht werden.

 

Es gibt somit unzählige Anwendungsbereiche für Aufgaben, die KI zumindest unterstützen, wenn nicht eines Tages sogar übernehmen wird. Den Anwalt selbst werden alle diese Anwendungen vorläufig nicht überflüssig machen – er bleibt der Experte, der die KI gekonnt anweisen muss, welche Arbeitsschritte und Daten sie wie aufbereiten soll und alles, was die KI generiert hat, am Ende überprüfen muss. NUR mit KI geht es aktuell also nicht, OHNE KI geht es aber auch nicht.

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