Was ist „Künstliche Intelligenz“?
Seit einiger Zeit geistert ein technisch klingendes Wort durch die Medien: „ChatGPT“. Gemeint ist ein sogenannter „Chat-Bot“, das heißt ein Computersystem, mit dem menschliche Benutzer mehr oder weniger vernünftige „Gespräche“ führen können. Programme dieser Art gibt es schon seit Jahrzehnten, bereits in den 60ger Jahren erregte „ELIZA“ Aufsehen, indem es einen Psychotherapeuten imitierte.
ELIZA arbeitete mit sehr einfachen Tricks, wiederholte z. B. einfach mit anderen Worten den Satz, den der menschliche Gesprächspartner in die Tastatur getippt hatte oder antwortete mit banalen Rückfragen á la „Erzählen Sie mir mehr darüber!“. Obwohl viele Benutzer von der Menschlichkeit ELIZAS überzeugt waren, handelte es sich bei diesem Programm eher um einen Witz, dessen Pointe die verblüffende Leichtgläubigkeit der Versuchspersonen war.
Das berühmt-berüchtigte ChatGPT spielt in einer völlig anderen Liga. Es benutzt für die Erzeugung seiner Antworten nicht nur einen riesigen Datenbestand, sondern auch ein „Neuronales Netzwerk“, d. h. eine Technologie, die Funktionen des menschlichen Gehirns nachahmt und in der Lage ist, durch Training zu lernen. Anders als ELIZA verfügt ChatGPT tatsächlich über „künstliche Intelligenz“ (abgekürzt KI) und findet in überraschend vielen Fällen brauchbare Antworten – vorausgesetzt, dass es über entsprechende Daten verfügt.
„Künstliche Intelligenz“ als Anwalt – warum nicht?
Am 10. Januar 2023 titelte „Computer-BILD“: „KI im Gericht: Weltweit erster „Roboter-Anwalt” übernimmt einen Fall“. Eine amerikanische Startup-Firma hatte ein Experiment vor: Sie wollte einem Angeklagten seine Äußerungen vor Gericht durch ChatGPT „soufflieren“ lassen, über ein scheinbares Hörgerät, also einem „Knopf im Ohr“. Wie man vermuten konnte, erwies sich das Experiment allerdings schon im Vorfeld als illegal und konnte deshalb (leider?) nicht stattfinden.
Trotzdem stellt sich die Frage: Könnte eine „Künstliche Intelligenz“ wie ChatGPT in absehbarer Zukunft einen Anwalt ersetzen, vielleicht sogar in einem Scheidungsverfahren?
Wir von iurFRIEND sind der Überzeugung, dass es noch lange nicht so weit ist, und dass es vielleicht sogar niemals dazu kommt. Trotzdem kann Computertechnologie allgemein und KI im Besonderen in der Rechtspflege eine nützliche Rolle spielen und tut es schon heute.
KI ist nur so gut wie die Daten, über die sie verfügt
Es hat sich herausgestellt, dass ChatGPT und vergleichbare Systeme zwar über viel Wissen über Gesetze verfügen, dabei aber keineswegs auf dem neuesten Stand sind. Kürzlich erfolgte Gesetzesänderungen finden sich vielfach noch nicht in den Datenbanken wieder, so dass von der KI erteilte juristische Auskünfte schlicht veraltet sein können. – Da ein Anwalt natürlich verpflichtet ist, über die aktuelle Gesetzeslage informiert zu sein, stellt er schon allein deshalb die bessere Wahl dar.
Ein weiterer Punkt ist, dass der Anwalt die Gesetzestexte nicht einfach nur kennen muss, er muss auch in der Lage sein, sie im Hinblick auf die Lebenssituation der von ihm vertretenen Personen zu interpretieren. Hier ist es notwendig, auf eine große Beschränkung von ChatGPT und seinen „Kollegen“ hinzuweisen: KIs werden mit Texten gefüttert und trainiert und erzeugen auf dieser Grundlage andere Texte, die realen Dinge, auf die sich die Worte beziehen, sind ihnen aber unbekannt.
Der Anwalt ist ein Mensch (wie seine Mandanten)
Gerade in familienrechtlichen Verfahren spielt das Vertrauensverhältnis zwischen dem Anwalt und seinem Mandanten oder seiner Mandantin eine wichtige Rolle. Denn schließlich geht es hier um den privatesten Bereich. Und ein Anwalt muss in Scheidungsverfahren von Fall zu Fall auch mit dem Stress und der Trauer der Beteiligten umgehen können. Eine KI wäre damit heillos überfordert, da sie keine menschlichen Gefühle kennt. „Menschliches Verständnis“ und Empathie ist von ihr nicht zu erhoffen, und das wird sich – trotz der menschenähnlichen und gefühligen Roboter in den Science-Fiction-Filmen – in den nächsten Jahrzehnten auch kaum ändern.
Kann Google den Scheidungsanwalt ersetzen?
Wer sich im Internet umschaut, könnte auf den Gedanken kommen, dass man auch ohne KI und allein über die Google-Suche doch schon alles Wesentliche über die rechtlichen Aspekte einer Ehescheidung recherchieren kann. Immerhin finden sich – z. B. auf unseren Websites - eine Menge qualitativ hochwertiger Ratgeber, die alle möglichen Themen von A wie Adoption bis zu Z wie Zugewinnausgleich abhandeln. Ist der für die Scheidung in Deutschland zwingend vorgeschriebene Anwalt also an und für sich ganz überflüssig und nur eine Schikane des Gesetzgebers?
Zum Teil wurde diese Frage schon im letzten Abschnitt beantwortet: Ein Mensch ist nötig, wenn es darum geht, komplexe rechtliche Vorschriften mit der von Emotionen mitgeprägten menschlichen Lebenswelt zu verknüpfen. Und jeder Fall ist individuell, so dass allgemein gehaltene Texte wie die erwähnten Ratgeber von einem Laien nicht unbedingt darauf angewandt werden könnten.
Zum anderen gilt für Informationen aus dem Internet dasselbe wie für die Daten, auf die ein Chat-Bot zugreift – für ihre Aktualität und Wahrheitstreue ist nicht garantiert. Wen wollen Suchende zur Rechenschaft ziehen, wenn sie sich auf einen Internet-Text verlassen haben, dessen Fehlerhaftigkeit am Ende ihre Scheidung verteuert und verlängert? Die Vorschrift, dass für eine Ehescheidung mindestens ein Anwalt oder eine Anwältin nötig ist, dient auch zu Ihrem Schutz. Ratgeber im Internet sollen für eine grobe Orientierung über eine schwierige Materie sorgen und keinesfalls den Anwalt ersetzen.
Wo kann KI und Computertechnologie nützen?
Tatsächlich hat die Digitalisierung die Rechtspflege in vielen Bereichen schon deutlich verändert, auch wenn „Künstliche Intelligenz“ im engeren Sinne bislang noch keine große Rolle spielt. Das Schlagwort für diesen Trend lautet „Legal Tech“. Ein Beispiel dafür ist die von iurFRIEND angebotene „Online-Scheidung“, die es Ihnen ermöglicht,
- per Internet für das Verfahren nötige Informationen und Dokumente zu übermitteln,
- Zeit für Fahrtwege zu sparen sowie
- Ihre Anwältin oder Ihren Anwalt auf Wunsch über Videotelefonie zu sprechen.
KI wird über kurz oder lang weitere Erleichterungen für alle Beteiligten an einem Scheidungsverfahren mit sich bringen. Viele Detailaufgaben, z. B. die komplizierten Berechnungen bei Unterhaltsfragen aber auch einfachere Dinge wie Recherchen in Schriftverkehren, die zum Großen und Ganzen eines familienrechtlichen Verfahrens gehören, werden sich automatisieren und beschleunigen lassen.
iurFRIEND schreitet auf diesem Weg weiter fort und bemüht sich erfolgreich darum, die Bearbeitungsprozesse für seine Kundinnen und Kunden weiter zu verkürzen. „Kollege Roboter“ werden Sie bei uns aber wohl nicht begegnen. Wir sind nach wie vor stolz darauf, größten Wert auf Empathie zu legen.