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Trennungsjahr, wenn man nie zusammengelebt hat?

 
 

Der Vollzug des Trennungsjahres ist Voraussetzung zur Scheidung. Die Trennung wiederum setzt voraus, dass das Paar zusammengelebt und eine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft gebildet hat. Trotzdem gibt es Lebenssituationen, in denen die Ehegatten zwar geheiratet, wohl aber nur kurz oder nie zusammengelebt haben. Haben Trennung und Scheidung in diesem Falle im Hinblick auf den Trennungsunterhalt oder Ehegattenunterhalt die gleichen Konsequenzen wie, als wenn die Ehegatten als Paar zusammengelebt hätten? Und kann man ungeachtet dessen sofort die Scheidung einreichen?

Muss ein Ehepaar zusammenleben?

Eine Ehe kennzeichnet sich mithin dadurch, dass die Ehepartner

  • in einer wirtschaftlichen Gemeinschaft leben,
  • innerhalb einer Wohnung zusammen sind
  • und sich mental und menschlich verbunden fühlen.

Ungeachtet dieser traditionellen Vorstellung existieren auch Formen des räumlich getrennten Zusammenlebens. Neudeutsch ist von "living apart together" die Rede. Anders als bei einer durch bestimmte Umstände begründeten Fernbeziehung entscheiden sich die Ehegatten freiwillig für die räumliche Trennung und unterhalten zwei getrennte Wohnungen. Bei diesem Beziehungsmodell orientieren sich die Ehegatten an ihren Bedürfnissen und leben ihre Beziehung in einem gemeinsam definierten Rahmen.

Beim „living apart together“ halten die Ehepartner trotz ihrer räumlichen Trennung ihre persönliche und geistige Lebensgemeinschaft über die Jahre aufrecht. In einem Fall des Finanzgerichts Münster (Urteil vom 22.2.2017, Az. 7 K 2441/15) war die Frau aus der ursprünglich gemeinsam bewohnten Wohnung ausgezogen, weil die pflegebedürftige Schwiegermutter ein Hindernis für ein verträgliches Zusammenleben darstellte. Die Eheleute hatten erklärt, dass sie trotz der räumlichen Trennung

  • regelmäßig abends und am Wochenende Umgang miteinander haben,
  • gemeinsame Ausflüge unternehmen,
  • gemeinsam in Urlaub fahren
  • und sonntags immer in die Kirche gehen.

Anlass des Rechtsstreits war, dass das Paar in der Einkommensteuererklärung zusammenveranlagt werden wollte. Das Finanzamt lehnte die Zusammenveranlagung ab, da bei einer Betriebsprüfung festgestellt wurde, dass die Eheleute seit Jahren dauerhaft getrennt lebten und somit die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung nicht mehr erfüllt waren. Das Finanzgericht erkannte an, dass die Ehepartner trotz ihrer räumlichen Trennung ihre persönliche und geistige Lebensgemeinschaft aufrechterhalten haben und deshalb eine Zusammenveranlagung gerechtfertigt war.

Was bedeutet Trennung normalerweise?

Die Definition dessen, was Trennung bedeutet, ist wichtig, um die Ausgangsfrage zu beurteilen. Nach der Definition des § 1567 BGB leben die Ehegatten getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und ein Ehegatte diese erkennbar nicht oder nicht mehr herstellen will, weil er oder sie die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt.

Ungeachtet dessen versteht der Bundesgerichtshof (FamRZ 2002, 316) die Lebensgemeinschaft als „das Ganze des ehelichen Verhältnisses, primär aber die wechselseitige innere Bindung der Ehegatten. Die wechselseitige innere Bindung sei eine äußerst subjektive Angelegenheit, so dass beispielsweise sexuelle Treue oder eine sexuelle Beziehung nicht zwingend zum gesetzlichen Ehebild gehört. Insoweit dürfte es maßgeblich darauf ankommen, aus welchen Gründen die Ehegatten nie zusammengelebt haben und wie sie ihre eheliche Beziehung führen oder geführt haben.

Insoweit stellt die Rechtsprechung darauf ab, dass allein das getrennte Wohnen aufgrund beruflicher, krankheits- oder schicksalsbedingter Umstände wie die Unterbringung in einem Pflegeheim, der Aufenthalt im Gefängnis oder in einer beruflich bedingten Zweitwohnung die Voraussetzungen nicht erfüllt, nach denen eine Trennung im Regelfall beurteilt wird. Auch beim „living apart together“ dürfte dies nicht der Fall sein.

Um eine Trennung anzunehmen, muss zumindest ein Ehegatte unmissverständlich den Trennungswillen zum Ausdruck bringen. Eine ausdrückliche Mitteilung an den Partner ist nicht erforderlich, der andere muss aber Kenntnis von dem Faktum erhalten, dass der Partner die Trennung wünscht. Daran ändert nichts, wenn er oder sie selbst die Situation anders interpretiert und nach wie vor von einer Beziehung ausgeht. Insoweit wird auch das Fehlen von Sexualkontakten nicht als Indiz dafür betrachtet, dass es keine eheliche Beziehung gibt. Da die Ehegatten die Eheschließung vollzogen haben, muss es einen Grund gegeben haben, dies zu tun. Ist der Grund entfallen, ist von einer Trennung auszugehen.

Ist das Trennungsjahr erforderlich?

Unabhängig davon, ob die Partner zusammengelebt haben oder nicht, muss das Trennungsjahr vollzogen werden. Es besteht kein Grund, dem Paar die wirtschaftlichen und sonstigen Unannehmlichkeiten zu ersparen, die eine Trennung und Scheidung mit sich bringt (OLG München, 12 UF 820/01). Es kann nicht angehen, Ehepartnern anheim zu stellen, nach Belieben und eigenem Ermessen ungeachtet der gesetzlichen Gegebenheiten ihre Ehe abzuwickeln. Letztlich wäre es gerichtlich kaum überprüfbar, nach welchen Maßstäben die Ehegatten ihre vermeintliche Ehe geführt haben.

Das Oberlandesgericht München (FamRZ 2002, 316) hält das Trennungsjahr für unverzichtbar, wenn die Eheleute nie zusammengelebt haben. Die Trennung berechnet sich in diesen Fällen ab dem Zeitpunkt, in dem sich ein Ehepartner von der ehelichen Gemeinschaft losgesagt hat (OLG München, FamRZ 1998, 826).

Ist die einvernehmliche Verkürzung des Trennungsjahres eine Option?

Haben die Eheleute nie zusammengelebt, versuchen Ehepartner gerne im gegenseitigen Einvernehmen, das Trennungsjahr abzukürzen. Sie datieren den Zeitpunkt der Trennung zurück und reichen sofort die Scheidung ein. Da der gesetzliche Wortlaut die Verkürzung des Trennungsjahres verbietet, gehen die Ehepartner ein erhebliches Risiko ein.

Im mündlichen Scheidungstermin hört das Familiengericht die Ehepartner an und befragt beide zum Zeitpunkt der Trennung. Im Regelfall wird das Gericht keinen Anlass haben, nachzufragen oder gar Beweis zu erheben, wenn die Ehepartner übereinstimmt angeben, ab einem bestimmten Datum oder von vornherein in getrennten Wohnungen gelebt zu haben. Da das Trennungsjahr gesetzlich vorgegeben und damit nicht disponibel ist, soll verhindert werden, dass die Ehepartner versuchen, mit einem abgesprochenen Vorbringen das Trennungsjahr abzukürzen. So hat das OLG München (FamRZ 2001, 1457) die Eheleute wegen der Zweifel über den Trennungszeitpunkt detailliert befragt und den Scheidungsantrag abgewiesen. Zur Feststellung eheerhaltender Tatsachen hat das Familiengericht Amtsermittlungsrechte (§ 127 FamFG).

Auch Anwälte sind standesrechtlich verpflichtet, wahrheitsgemäße Angaben zu machen, wann die Trennung erfolgt ist. So kommt ein Prozessbetrug nach § 263 StGB in Betracht, wenn der Antragsteller einen Trennungszeitpunkt erfindet, um das Scheidungsbegehren schlüssig darzustellen und sich eventuell wirtschaftliche Vorteile, beispielsweise beim Versorgungsausgleich, verschaffen möchte.

Wird zudem ein Verfahrenskostenhilfeantrag gestellt, kann das Gericht rückwirkend die Bewilligung von VKH aufheben. Auch in steuerlicher Hinsicht können sich bei einer falschen Angabe der Trennungszeit kaum überschaubare Fallstricke auftun. Aspekte dieser Art kommen meist auf den Tisch, wenn ein Ehepartner im Nachhinein den anfangs ursprünglich einvernehmlich abgesprochenen Zeitpunkt der Trennung bestreitet oder anders darstellt.

Was ist bei einer Scheinehe?

Grund für eine Eheschließung ohne eheliches Zusammenleben kann eine Scheinehe sein. Auch eine nur zum Schein geschlossene Ehe, bei der es meist darum geht, das Aufenthaltsrecht des Ehegatten mit ausländischer Staatsangehörigkeit in Deutschland herbeizuführen, ist eine wirksame geschlossene Ehe. Die Scheinehe unterliegt zwar der Anfechtung, bleibt aber bis zu Anfechtung eine Ehe wie jede andere Ehe auch. Soll die Ehe geschieden werden, muss das Trennungsjahr vollzogen werden. Das Amtsgericht Stuttgart (FamRZ 2004, 952) ist davon ausgegangen, dass bei der Scheinehe wegen der von vornherein bestehenden räumlichen Trennung der Beginn des Getrenntlebens mit der Heirat zusammenfällt, ohne dass eine Trennungsabsicht kundgetan werden muss.

Sind Unterhaltsansprüche begründet?

Ist aus der Verbindung ein Kind hervorgegangen, hat das Kind unabdingbar Anspruch auf Kindesunterhalt, unabhängig davon, wie lange und ob überhaupt die Eltern zusammengelebt haben. Da die Eheschließung vollzogen wurde, bestehen dem Grundsatz nach auch Ansprüche auf Trennungsunterhalt und Ehegattenunterhalt. Da sich der Unterhaltsanspruch aber nach dem Lebensstandard während der Ehe richtet, dürfte es schwierig sein, einen bestimmten ehebedingten Lebensstandard zu behaupten, wenn die Ehe infolge der räumlichen Trennung nicht vollzogen wurde.

Sollte sich ein Unterhaltsanspruch dennoch begründen lassen, wäre der Unterhaltsanspruch zu versagen, herabzusetzen oder zumindest zeitlich zu befristen, wenn

  • die Ehe nur von kurzer Dauer war,
  • der unterhaltsberechtigte Partner in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt
  • oder seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat (Details § 1579 BGB).

Da das Familiengericht von Amts wegen den Versorgungsausgleich durchführen muss, werden im Regelfall die Rentenanwartschaften beider Ehepartner untereinander ausgeglichen. Auch der Zugewinnausgleich kommt in Betracht. Um eventuell bestehende Ansprüche festzustellen, sind die Ehegatten einander verpflichtet, Auskunft über ihre Einkünfte und Ihr Vermögen zu erteilen.

Alles in allem

Die Eheschließung begründet eine wirksame Ehe, unabhängig davon, ob die Ehegatten eine Lebensgemeinschaft bilden oder räumlich getrennt leben. Soll die Ehe geschieden werden, gelten die gleichen Kriterien, als wenn die Ehegatten die Ehe vollzogen hätten. Tunlichst davon absehen sollte man vor der reinen Erfindung eines schon abgeschlossenen Trennungsjahres, indem man sein Trennungsjahr innerhalb einer Woche beschließen würde. Man ist immer von seinem Nochpartner und dessen Verschwiegenheit abhängig.

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